Die Schattenseiten des Funnel-Marketings: Rechtliche Hürden und hohe Kosten

Seit einigen Jahren propagiert eine Heerschar von Onlinemarketing-Beratenden Funnelmarketing als „Wunderwaffe“, oft in Kombination mit dem Versprechen, in kürzester Zeit zu „sechsstelligen Umsätzen“ zu kommen, besonders als Coach, Berater, Trainer…

Doch was ist dran an dem Thema? Ist es wirklich so einfach und so sicher, wie es immer wieder propagiert wird?

Ich habe meine (berechtigten) Zweifel und möchte in diesem bewusst kritischen Artikel zum Thema „Funnelmarketing“ auch auf meine Bedenken hinweisen.

Disclaimer: Alle juristischen Einschätzungen dieses Artikels geben nur meine persönliche Meinung als juristischer Laie wider und sind weder verbindlich noch stellen sie eine juristische Beratung dar – das können natürlich nur Jurist:innen leisten.

Darum geht es beim Funnelmarketing

„Funnel“ ist das englische Wort für Trichter.

Die Idee des Funnelmarketings ist es, eine ursprünglich große Zahl an Interessierten durch verschiedene Kaufpunkte im Verkaufstrichter zu führen, an dessen Ende sie idealerweise ein „hochpreisiges“ oder „residuales“ Produkt kaufen – oder ein hochpreisiges und residuales Produkt.

Ein residuales Produkt ist eines, das man mit einem relativ hohen Initialaufwand erstellt hat und das – einmal erstellt – lange Zeit erträge erzielt. Typische Beispiele für residuale Produkte sind Filme, Bücher, Videokurse etc.

Konkret könnte ein Funnel so aussehen:

  • Über SEA/Social Ads Anzeigenschaltung werden Menschen aufgefordert, sich in einen Mailverteiler einzutragen. Der Lohn dafür ist ein so genanntes „Freebie“, eine kostenlose Checkliste, ein Buch etc…
  • In einer nächsten Stufe erhalten die Eingetragenen ein Angebot über ein niedrigschwelliges Kaufangebot – meist mit „sagenhaften Rabatten“ und zeitlich begrenzt zu diesem „sagenhaft günstigen Preis“.
  • Die Menge derer, die das gekauft hat wird nach und nach mit immer weiteren „unschlagbaren Angeboten“ gelockt, bis wenige am Ende „das Premiumprodukt“ kaufen. Das kann ein „Exklusiver Videokurs mit Zugang zur Community“ sein, ein Beratungsabo u.s.w.

Die unabdingbare Voraussetzung für ein ertragreiches Funnelmarketing ist also zunächst einmal ein „hochwertiges“, skalierbares Endprodukt – ein Kurs, ein Programm, eine Community….

Funnel-Marketing gilt als ein effektives Mittel, um Kunden Schritt für Schritt durch den Verkaufsprozess zu führen. Doch neben den potenziellen Vorteilen gibt es einige erhebliche Nachteile, die viele Selbständige oft unterschätzen – aber: „Gier frisst Hirn“.

Besonders kritisch sehe ich dabei neben dem Aufwand für die Erstellung eines wirklich hochwertigen Produktes vor allem die rechtssichere Beschaffung von E-Mail-Adressen sowie die hohen Kosten für die Erstellung und Optimierung eines Funnels.

Die Herausforderung der rechtssicheren E-Mail-Beschaffung

Ein zentraler Bestandteil eines Funnels ist der Aufbau einer E-Mail-Liste, die dazu dient, potenzielle Kunden regelmäßig mit wertvollen Inhalten und Angeboten zu versorgen. Doch genau hier lauert eine der größten Fallen: die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Nach der DSGVO dürfen personenbezogene Daten nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Nutzers gespeichert und genutzt werden. Das bedeutet, dass du die E-Mail-Adresse eines Interessenten nicht einfach erfassen und für Marketingzwecke verwenden darfst, ohne eine explizite Zustimmung einzuholen. Dies muss über ein sogenanntes Double-Opt-in-Verfahren erfolgen:

  1. Der Nutzer gibt seine E-Mail-Adresse in das Anmeldeformular ein.
  2. Er erhält eine Bestätigungsmail mit einem Link, den er aktiv anklicken muss, um die Anmeldung abzuschließen.

Dieses Verfahren ist nicht nur rechtlich notwendig, sondern schützt dich auch davor, dass jemand Dritte ohne deren Einverständnis in deinen Verteiler einträgt. Doch es birgt auch Risiken: Viele potenzielle Interessenten springen an diesem Punkt ab, weil sie entweder die Bestätigungsmail übersehen oder das zusätzliche Klicken als lästig empfinden. Das bedeutet für dich: Weniger Leads trotz großer Werbeaufwände.

Ein weiteres Problem ist die Einwilligung zu Werbezwecken. Es reicht nicht, wenn sich jemand für einen kostenlosen Download anmeldet – du musst transparent kommunizieren, dass der Nutzer sich damit auch für deinen Newsletter anmeldet. Versteckte Klauseln oder unklare Formulierungen können schnell zu Abmahnungen führen. Wer sich nicht an die Regeln hält, riskiert hohe Strafen.

Zudem gilt in der Regel eine Frist von 24 Monaten, nach der die Zustimmung zur Verwendung von E-Mailadressen erneuert werden muss.

Und das sind nur die DSGVO-Hürden. Hinzu kommen noch die Aspekte zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. (UWG)

Entgegen landläufiger Meinung darf man eben im B2B-Bereich auch nicht einfach potenzielle Kunden mit E-Mails zuspammen!

Und: Nach dem Kopplungsverbot darf niemand gezwungen werden, den Erhalt eines „Freebies“ an die Abgabe einer Erlaubnis zur Verwendung der E-Mailadresse für Werbezwecke zu binden.

Ich wage zu behaupten, dass die meisten Marketingfunnels bereits an diesen dargestellten Aspekten juristisch anfechtbar sind. Ob sie seriös und moralisch vertretbar sind, muss jeder selbst entscheiden.

Die Kostenfalle beim Funnel-Aufbau

Die Erstellung eines erfolgreichen Funnels ist alles andere als billig. Viele Werbe-Gurus preisen Funnel-Marketing als einfache Methode an, um mit minimalem Aufwand maximalen Gewinn zu erzielen. Doch in der Realität sieht es oft anders aus.

„Einfach“ und „minimaler Aufwand“ stimmt grundsätzlich nie, beim Aufsetzen eines Marketingfunnels…

„Möglich“ – ja, aber nie „einfach“.

1. Technische Kosten

Um einen professionellen Funnel zu erstellen, brauchst du verschiedene Tools und Software-Lösungen. Dazu gehören:

  • Landing-Pages (müssen erstellt und gepflegt werden)
  • E-Mail-Marketing-Software (z. B. ActiveCampaign, Mailchimp)
  • Zahlungsanbieter & CRM-Systeme – Kosten variabel
  • Werbekosten für Traffic (Google Ads, Facebook Ads, etc.) – oft mehrere hundert bis tausende Euro monatlich
  • Kosten für das finale Produkt (z.B. verschiedene Filme mit verschiedenen Themen)

Besonders die Werbekosten werden oft unterschätzt. Ein Funnel funktioniert nur, wenn du genügend qualifizierten Traffic darauf leitest. Organischer Traffic durch SEO dauert oft Monate oder Jahre, bis er wirklich greift. Außerdem ist er nur bedingt steuerbar.

Deshalb greifen die meisten Selbständigen zu bezahlten Anzeigen, die jedoch immer teurer werden. In hart umkämpften Branchen kann ein einziger Click bereits zwischen 5 und 50 Euro kosten – und das, ohne die Garantie, dass er tatsächlich verkauft – er erzeugt erst einmal nur ein Besuch auf Deiner Landingpage!

2. Zeit- und Optimierungsaufwand

Ein Funnel ist nicht einfach „einmal aufsetzen und dann läuft es von selbst“. Du musst ihn kontinuierlich optimieren. Das bedeutet:

  • A/B-Tests für Headlines, Call-to-Actions, Formulare
  • Anpassung der Landing Pages basierend auf Konversionsraten
  • Segmentierung der E-Mail-Liste für gezieltere Ansprache
  • Analyse von Metriken und KPIs, um herauszufinden, welche Maßnahmen funktionieren

Nicht zuletzt brauchst Du auch immer „spannendes Futter“ für die E-Mails, die Du an die Interessenten versendest (die erstellen sich auch nicht von selbst) UND Du musst den Aufwand für die „juristische Pflege“ Deiner E-Mail-Listen beachten.

Dieser Prozess kann Monate dauern und erfordert entweder viel eigenes Know-how oder teure Dienstleister, die dich dabei unterstützen.

Weitere Aspekte des Funnelmarketings, die ich kritisch sehe

Das Vermarkten eines skalierbaren Endproduktes muss zu Dir passen.

Ich selbst arbeite ja z.B. auch als Life-Coach. In diesem Zusammenhang habe ich mir mal die Frage beantwortet, ob ich es denn richtig finde, z.B. „Videoratgeber“ als Coaching anzupreisen? Meine Antwort darauf ist die, dass ich das persönlich als „Vergewaltigung der Coachingmethode“ erachte, da Life-Coaching ein dynamischer, situativer und ineraktiver Prozess zwischen Coach und Kunde ist.

Also selbst wenn ich mein Wissen als Life-Coach in Videos oder Ratgeber-PDFs gießen würde, dann wäre das nicht das, was ich als Coach im Coachingprozess handwerklich leisten will.

Dark Patterns und Rabattschlachten

Gerade beim Funnelmarketing nehme ich oft absurde Rabatte wahr, mit denen die Anbieter nur so um sich werfen und so genannte „Dark Patterns“ auf den Angebots-Webseiten.

Ich habe weder Lust mit unehrlichen Rabatten um mich zu werfen, noch habe ich Lust dazu, meine Kunden mit ausgetüftelten psychologischen Tricks auf der Webseite zum Abschluss zu drängen.

Viele dieser so genannten „Dark Patterns“ wie „Counter“ (kurze Zeit, in denen das Angebot angeblich nur gilt) und künstliche Verknappung sind übrigens meist ebenso illegal und abmahnfähig wie Rabatte auf Mondpreise.

Bei mir gibt es einfach keine Rabatte und ich halte das für seriös.

Schließlich biete ich keine verderbliche Ware an, die „aus dem Lager muss“.

Warum ein „super Verkaufsgenie-Guru“ einen „Coachingkurs“ oder das „Geheime Wissen um in 4 Wochen zum Millionär“ zu werden mit einem Rabatt von 80% anbieten muss, damit er ihn verkaufen kann, müsste mir das Verkaufsgenie mal persönlich erklären….

Lohnt sich Funnel-Marketing überhaupt?

Trotz der Herausforderungen und Kosten kann Funnel-Marketing durchaus effektiv sein – wenn es richtig gemacht wird. Die Frage ist nur, ob du das Budget und die Ressourcen hast, um es professionell umzusetzen – und die Lust dazu!

Viele kleine Unternehmen und Selbstständige scheitern daran, weil sie die Komplexität unterschätzen und glauben, dass ein Funnel eine „schnelle Lösung“ für mehr Umsatz sei.

Ein „bisschen Funnel“ funktioniert nicht – damit verbrennst Du nur Dein Geld!

Alternativen zum Funnelmarketing

Alternativen zum Marketingfunnel können direkteres Marketing, organische Content-Strategien oder klassisches Networking sein, die oft nachhaltiger und kosteneffizienter sind.

Ich verkaufe selbst seit jeher so, dass ich attraktive Produkte anbiete und diese u.a. mit SEO und SEA propagiere. Wer auf mein Angebot kommt (Website) kauft es oder nicht – mehr mache ich nicht!

Bevor du also in ein komplexes Funnel-System investierst, solltest du genau prüfen, ob es sich für dein Geschäftsmodell und Dich persönlich wirklich lohnt.

Fazit zum Funnelmarketing

Funnel-Marketing wird oft als Allheilmittel für Online-Businesses angepriesen, doch die Realität sieht meist anders aus. Die rechtssichere E-Mail-Beschaffung ist ein großes Hindernis, das nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld kostet. Dazu kommen hohe technische und werbebezogene Kosten, die den vermeintlichen Gewinn schnell schmälern.

Wenn du Funnel-Marketing betreiben möchtest, solltest du dir dieser Herausforderungen bewusst sein und genau abwägen, ob sich der Aufwand für dein Business wirklich lohnt. In vielen Fällen gibt es alternative Marketingstrategien, die weniger kostenintensiv und dennoch erfolgreich sein können.

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